Dass man den ausländischen Führerschein abgeben muss, steht in § 30 Abs. 3 FEV (Fahrerlaubnisverordnung). Demnach ist es nicht möglich, gleichzeitig B196 und Code 111 zu besitzen. Es kann natürlich sein, dass die Österreicher eine Ausnahme machen, wenn nachgewiesen werden kann, dass man auf dem ursprünglich österreichischen Dokument den Code 111 eingetragen hatte (bzw. evtl. bleibt diese Berechtigung trotz Nachweisschwierigkeiten bestehen).
Ansonsten verstehe ich den ganzen Bohei nicht, der hier gemacht wird. Es ist überhaupt nicht so kompliziert, wie hier manche versuchen, einem Glauben zu machen.
Vorweg: mit 125er meine ich im Folgenden nur die auf 11 kW beschränkten 125er. Und beschränkt/gedrosselt auf 11 kW sind die in der Regel überall in der EU. Auch in Spanien, Griechenland oder Italien. Nur vereinzelte Modelle haben >11 kW, sind aber entsprechend unattraktiv, da diese in den Ländern eben nicht mit Klasse B oder A1 gefahren werden dürfen.
Und nun zum Eigentlichen:
Die Erlaubnis, 125er mit der Klasse B zu führen, sieht die EU-Führerscheinrichtlinie zwar schon länger vor, aber es ist EINDEUTIG eine KANN-Bestimmung. D.h. die Länder müssen diese Regelung - im Gegensatz zur Vereinheitlichung der anderen Klassen, was 2013 geschehen ist - gar nicht anwenden bzw. umsetzen. Deutschland hat sich eben jetzt dazu entschieden, dass der B196 eine ganz nette Sache wäre. Aber eine Verpflichtung dazu besteht nicht. Deswegen kann man auch nicht sagen, dass NL jetzt besonders spät wäre. Dort will man von dieser Möglichkeit aktuell einfach keinen Gebrauch machen.
Es gibt also die harmonisierten Klassen AM, A1, A2, A, B, BE, C, etc...Die sind überall gleich. Dazu gibt es EU-weite Schlüsselzahlen (2-stellig) und nationale Schlüsselzahlen (3-stellig). Die zu Anfang bereits erwähnte 79.04 (nicht 79 und 04) ist dafür gedacht, dass Inhaber einer Klasse B von vor 2013 mit ihrem Führerschein weiterhin Trikes fahren dürfen. Das ist seit 2013 nämlich nur noch mit Klasse A erlaubt. Die SZ 79.04 bekommt man also, wenn man eine alte Klasse B hat und einen neuen Führerschein (neue Karte, z.B. wegen Diebstahl vom Portemonnaie) beantragt. Die ist dann hinter der Klasse A eingetragen. Man hat also nachher B und eine limitierte Klasse A. Da es sich bei 79.04 um eine 2-stellige SZ handelt, ist diese EU-weit harmonisiert, somit allen Ländern bekannt, und auch in den jeweiligen Ländern in Landessprache übersetzt. Die 3-stelligen SZ finden sich hingegen nur in den nationalen Gesetzen.
Damit kommen wir zum nächsten Punkt: wo und für wen gilt die 125er-Berechtigung mit Klasse B?
Das regelt eben jedes Land selbst, weil die EU-Richtlinie das ausdrücklich als nationale Ausnahme vorsieht! Das heißt aber nicht, dass in diesen Ländern die Klasse A1 erteilt wird. Das wäre auch gar nicht zulässig. Es wird nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen mit der Klasse B auch 125er gefahren werden dürfen:
- Österreich verlangt dazu eben eine Ausbildung und den Code 111 -> damit ist es gleichzeitig leider nur mit österreichischen Führerscheinen möglich.
- Deutschland verlangt Ausbildung und B196 -> ebenfalls nur mit deutschen Führerscheinen möglich.
- Spanien verlangt nur 3 Jahre Vorbesitz von B -> gilt somit generell für alle Inhaber mit Klasse B nach 3 Jahren, auch für Touristen, egal ob aus Österreich mit oder ohne Code 111 oder aus Deutschland. Das gilt aber nur auf spanischem Territorium. Auch für Leute mit spanischem Führerschein. Denn der spanische Führerschein bekommt keine Klasse A1 eingetragen (wäre wie gesagt nicht zulässig), sondern Spanien sagt nur, dass es in Spanien mit B erlaubt ist.
- Italien -> genauso wie Spanien, nur dass man keine 3 Jahre Vorbesitz von B benötigt.
- Tschechien -> gilt ebenfalls für alle (inkl. Touristen), allerdings eben nur Automatikroller. Und eben auch nur in Tschechien. Der Tscheche darf mit seinem Automatikroller nicht über die Grenze. Außer, er macht den richtigen A1. Das geht nur MIT Prüfung (die EU schreibt für den Erwerb von A1 eine Prüfung vor, für alle Mitgliedsländer!)
- Griechenland -> neu seit September 2020. Keine Voraussetzungen, allerdings muss man sich Code 121 (3-stellig -> national!) eintragen lassen. Geht somit nur mit griechischen Führerscheinen (allerdings eben unabhängig vom Wohnort: der Grieche, der sich den 121 eintragen lässt und dann nach Deutschland zieht, darf in Griechenland 125er fahren, solange er den griechischen Führerschein behält).
- ...gibt noch ein paar mehr Länder, die Liste ist nicht vollständig.
Im Übrigen sind die Informationen sowohl des ADAC, als auch des ÖAMTC falsch. Der ÖAMTC schreibt, dass der Code 111 im Ausland anerkannt würde. Das stimmt nicht. Die Berechtigung ergibt sich eben aus den lokalen Regelungen. Die 125er-Erlaubnis besteht in den entsprechenden Ländern somit unabhängig davon, ob man Code 111 hat, oder nicht. Und der ADAC behauptet weiterhin vehement, dass die 125er-Erlaubnis immer nur mit dem lokalen nationalen Führerschein gegeben wäre. Dagegen spricht, dass die Erlaubnis für Österreicher gilt (warum sollte Italien einen österreichischen Führerschein anders bewerten, als einen Deutschen? Das wäre wohl auch europarechtswidrig!). Und dagegen spricht, dass es in Spanien seit nun fast 20 Jahren selbstverständlich ist, dass auch Touristen nach 3 Jahren B dort ohne Probleme 125er fahren dürfen und
dies auch tun! Wäre das nicht erlaubt, würden die Verleihfirmen längst keine 125er mehr an Touristen nur mit Klasse B ausgeben.
Das Einzige, wo ich mir unsicher bin: erlaubt es das EU-Recht, gegenseitige SZ anzuerkennen? Also dürften Deutschland und Österreich gegenseitig B196/C111 akzeptieren? Da bin ich leider überfragt.
Ja, ist viel Text, aber letztendlich gar nicht wirklich kompliziert.
PS: Bei den ganzen Konstellationen ist es völlig unerheblich, in welchem Land die 125er zugelassen ist. Ein Pole mit deutschem Führerschein ohne B196 darf selbstverständlich eine 125er mit niederländischer Zulassung in Italien fahren, und zwar ganz egal ob er in Polen, Deutschland, Niederlande, Italien oder auch Frankreich seinen Wohnsitz hat.
PPS: Die Haftpflichtversicherung ist nicht zwangsläufig fahrzeuggebunden. In Deutschland ja, aber in anderen EU-Ländern ist diese teilweise nur personengebunden (insbesondere UK fällt mir da ein, unabhängig davon, ob die jetzt noch zur EU zählen, oder nicht).
PPPS: Damit die Herren & Damen PolizistInnen im Ausland auch wissen, was die (älteren) nationalen Führerscheine denn genau beinhalten, gibt es von der EU eine Äquivalenztabelle (natürlich übersetzt in jede der Landessprachen). Viel Spaß beim Lesen:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content ... 45&from=DE