Wie oft und wie lange balancieren?

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wawi
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Wie oft und wie lange balancieren?

Beitrag von wawi »

Hallo,

gegeben ist ein chinesischer Elektroroller "Yabaoxun". Ob das ein Hersteller, eine Handelsmarke oder ein Fantasiename ist, weiß ich nicht. Eine Typenbezeichnung ist nicht ersichtlich. Faltbar, zwei hydraulischen Scheibenbremsen, Allradantrieb usw. Li-Akku 60V, 26Ah, dazu zwei Ladegeräte, 67,2V, 2A, die man einzeln oder zur schnelleren Ladung parallel betreiben kann. (Im 230-V-Kreis habe ich je einen NTC nachgerüstet, damit es nicht so knallt, wenn man den Stecker in die Steckdose steckt und es länger lebt.)

Der Akku ist fest eingebaut, der Batteriekasten verklebt, so dass ich näheres nicht ermitteln kann. Der Ladungsverlust beträgt 17%/Woche, das ist rechnerisch 1,6W permanente Last. Das könnte hinkommen, weil der Roller permanent auf die Funkfernbedienung lauscht, mit der das Alarmsystem geschaltet werden kann.

Bei einem der Ladegeräte habe ich die Spannung reduziert auf 63,7V, so dass dieses nur bis 80% lädt. Dieses wird vorrangig benutzt, um den Akku zu schonen. Die Balancierungstechnik ist unbekannt, aber in der einfachsten Form arbeitet sie ja nur bei Vollladung, was man also unterstellen muss.

Wie oft (nach wie viel Ladungen oder nach welcher Zeit) muss balanciert werden?

Es wird im Netz die Meinung vertreten, dass man mehrmals auf 100% laden muss, nachdem man immer wieder etwas entladen hat, wenn der Akku neu und der Balancierungsstatus schlecht oder unbekannt ist. Dabei geht man wohl davon aus, dass der Bypass-Strom über die vollen Zellen nicht ausreicht, um dort eine Überladung zu vermeiden.

Ist unter normalen Bedingungen die Balancierung beendet, wenn die Sollspannung erreicht und der Ladestrom soweit abgefallen ist, dass das Ladegerät fertig meldet? Oder wie lange benötigt das balancieren?

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Harry
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Re: Wie oft und wie lange balancieren?

Beitrag von Harry »

wawi hat geschrieben:
Di 7. Mai 2019, 22:58
Bei einem der Ladegeräte habe ich die Spannung reduziert auf 63,7V, so dass dieses nur bis 80% lädt. Dieses wird vorrangig benutzt, um den Akku zu schonen. Die Balancierungstechnik ist unbekannt, aber in der einfachsten Form arbeitet sie ja nur bei Vollladung, was man also unterstellen muss.
Ich halte nichts davon den Akku nur mit 80% zu laden.
Was nutzt es dir den Akku zu schonen aber das BMS den Akku bei 30% Ladung bereits abgeschaltet, weil ein Block des Akkus die Endladeschlussspannung erreicht hat.
Wenn bei deinem Akku wegen fehlender Balancierung ein Block nur um 1% abweicht, dauert es schon 3 Stunden um die Differenz auszugleichen. Preiswerte passive Balancer liefern nur maximal 100mA Ausgleichsstrom.
Gruß Harry

wawi
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Re: Wie oft und wie lange balancieren?

Beitrag von wawi »

Harry hat geschrieben:
Mi 8. Mai 2019, 16:02
Ich halte nichts davon den Akku nur mit 80% zu laden.
Was nutzt es dir den Akku zu schonen aber das BMS den Akku bei 30% Ladung bereits abgeschaltet, weil ein Block des Akkus die Endladeschlussspannung erreicht hat.
Mein Akku ist so groß, dass ich pro Fahrt meist nur wenig entlade. Ist die Abschaltung überhaupt gewährleistet? Das wäre schon mal gut. Oder werden die schwächsten Zellen einfach tiefentladen?
Harry hat geschrieben:
Mi 8. Mai 2019, 16:02
Wenn bei deinem Akku wegen fehlender Balancierung ein Block nur um 1% abweicht, dauert es schon 3 Stunden um die Differenz auszugleichen. Preiswerte passive Balancer liefern nur maximal 100mA Ausgleichsstrom.
100mA, gut zu wissen. Du rechnest offenbar: 26Ah * 0,01 / 0,1A = 2,6h. Was man nun noch wissen müsste ist, wie schnell es zu Abweichungen kommt.

Wenn man den Ladestrom auf 100mA begrenzt oder wenn er so weit abgesunken ist, sollte demnach keine Überladung der vollen Zellen mehr drohen. Auf diese Weise sollte sich doch auch herausfinden lassen, was der Balancer macht: Sind alle Zellen voll (Batteriespannung = Ladegerätspannung) kann man den Baypass-Strom von außen messen. Korrekt? Man könnte sogar messen, bei welcher Spannung die Balancierung einsetzt. Wenn ich konstant 60V einspeise, sollte der Strom nach ein paar Stunden auf nahezu Null absinken. Bei irgendeiner Spannung bemerkt man dann den Balancer.

Meine Frage zielt dahin, wie man Akkuschonung mit guter Balancierung verbinden kann. Nehmen wir mal an, eine Tiefentladung einzelner Zellen ist auch bei einfachen System sichergestellt (weiß das jemand?):

Dann pendeln nach langer Zeit bei Ladung auf 80% und Entladung von 40 % die besten Zellen zwischen 60/100% und die schlechtesten zwischen 0/40%. Die schlechtesten Zellen könnten im Grunde sogar beliebig weit absinken, so dass beliebig wenig Entladekapazität bereit steht.

Soweit sollte man es natürlich nicht kommen lassen, denn wenn man nun plötzlich bis 100% lädt, z.B. mit 2A, dann fließt dieser Ladestrom 60% zu lange. Wenn von diesen 2A nur 100mA über den Baypass vernichtet werden, kommt es rechnerisch immer noch zu einer Überladung der besten Zellen von
1,9A / 2A * 60% = 57%

Auch hier die Frage analog zur Tiefentladung: Würde ein einfaches System eine solche Überladung verhindern?

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Harry
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Re: Wie oft und wie lange balancieren?

Beitrag von Harry »

Deine Überlegungen sind nicht schlecht aber passen nicht mit der Realität überein.

Vorausgesetzt das passive BMS hat keine Fehlfunktion, erfüllt es mehrere Aufgaben:

Überwachung jedes einzelnen Blocks der parallel geschalteten Lithium-Ionen-Zellen auf Unterspannung. Wenn auch nur einer der Blöcke die Spannung von 2,4V unterschreitet, schaltet das BMS den Akku ab.
Überwachung jedes einzelnen Blocks der parallel geschalteten Lithium-Ionen-Zellen auf Überspannung. Wenn auch nur einer der Blöcke die Spannung von 4,3V überschreitet, schaltet das BMS den Akku ab.
Bei Kurzschluss schaltet das BMS den Akku ab.
Bei Übertemperatur schaltet das BMS den Akku ab.
Die Balancierung setzt ein, wenn die Spannung eines oder mehrerer Blöcke beim Laden die Spannung von 4,2V erreicht hat (haben). Dann wird der Strom umgeleitet über einen Widerstand. Die Blöcke, die die Spannung von 4,2V noch nicht erreicht haben werden weiter geladen. Dieser Balancestrom liegt zwischen 70 und 100mA, um die Wärmeentwicklung in Grenzen zu halten.

Das auseinander Driften der Zellen hängt davon ab, wie gut sie vor dem Zusammenschalten selektiert wurden.



IMG_8195.JPG



Der Stecker unter dem Silikon ist die beste Stelle zum Messen.
Gruß Harry

wawi
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Re: Wie oft und wie lange balancieren?

Beitrag von wawi »

Danke, das sind wertvolle Informationen. Auch ein passives BMS verhindert also Über- und Tiefentladung einzelner Blöcke.

Eine Regel für die Praxis könnte lauten:
  • Ich lade normalerweise bis 80%.
  • Wenn ich weit fahren will, lade ich bis 100%, damit 20% Restladung möglichst verbleibt.
  • Spätestens nachdem insgesamt 300% nur bis 80% geladen wurde, folgt eine 100% Ladung.
  • Die 100% Ladung erfolgt möglichst kurz vor Fahrtantritt.
Die 300% sind leider nur willkürlich festgelegt und setzen sich zusammen aus geschätzten Teilladungen, also z.B. 5 Zyklen 20...80%.

Bei Ladungsverlust 17%/Woche braucht man keine zusätzliche Regel für die Lagerung, denn nach 18 Wochen sind die 300% erreicht. Sonst müsste man auch nach längerer Lagerung auf 100% laden.

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