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Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Di 5. Jun 2018, 16:32
von Catweazle
Hallo Zusammen,
wie kommen die eRoller-Hersteller, die in Ihren Fahrzeugen die Möglichkeit bieten einen zweiten und dritten (Wechsel-)Akku einzusetzen nur darauf, dass sich dadurch die Reichweite des Fahrzeugs verdoppelt oder verdreifacht.
Wenn ich mit meinem 1954L mit nur einem Akku unterwegs bin, bringen wir zusammen 188kg auf die Waage (Kumpan mit einem Akku 98kg, der Rest ist mir zuzurechnen).
Mit drei Akkus sind es 20kg (10,6%) mehr, die bewegt werden wollen, also 208kg.
Die jeweils hierfür benötigte Energiemenge lässt sich überschlagsmässig aus Roll- und Luftwiderstandskraft für jede beliebige Geschwindigkeit berechnen, wobei der Luftwiderstand bei höheren Geschwindigkeiten stärker ins Gewicht fällt, wegen der quadratischen Abhängigkeit von der Geschwindigkeit.
Für die erforderlichen Kräfte kommt man bei 45km/h und einem Akku auf ca. 80N.
Bei 45km/h und 3 Akkus sind es ca. 84,3N, also ca. 5% mehr.
Daraus folgt aber für die erzielbaren Reichweiten statt der immer wieder zu findenden Angaben, die sich im Übrigen fast immer auf konstant 25km/h beziehen: (1 Akku 50km Reichweite, 2 Akkus 100km und 3 Akkus 150km.)
Es sind physikalisch bedingt nur 95km bei zwei Akkus und 142,5km bei drei Akkus möglich.
Nun ja, was bei realen Fahrten im hügeligen Gelände oft auch mit Vollgas ähVollstrom bei mir übrig bleibt, sind ca. 40km mit einem Akku, 72km mit zweien und ca. 95km bei Vollbestückung des Akkufachs.
Ein Vorteil von zwei oder drei Akkus bleibt noch zu erwähnen. Mein Kumpan hat eine ca. 10-15km/h höhere Maximalgeschwindigkeit und geht auch am Berg nicht so sehr in die Knie, wenn der Motor aus zwei oder 3 Akkus Strom ziehen kann.
Aber bei höherer Endgeschwindigkeit fällt ja, wie gesagt der Strombedarf zur Überwindung des Luftwiderstands stärker ins Gewicht, was der Reichweite wiederum schadet.
Unter dieser Prämisse muss man sich schon sehr genau überlegen, ob der dritte Akku sein Geld noch Wert ist.
Für uns haben sich unsere zwei eRoller mit je 2 Akkus als optimal herausgestellt und so würde ich es auch jedem empfehlen.

Mit sonnigen Grüßen

Catweazle

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Mi 6. Jun 2018, 12:04
von Tomkat
Die beworbene Reichweite ist immer ein Märchen!
Allerdings: Ich fahre eine Soco TS mit ca. 55km tatsächliche Reichweite. Schleppe ich den zweiten Akku (voll geladen) mit, dann kann ich am Ende der Kapazität auf den zweiten umschalten.
Ist so wie ein Benzinhahn mit Reserve-Stellung, und das hilft!!!

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Mi 6. Jun 2018, 12:32
von chrispiac
Catweazle hat geschrieben:
Di 5. Jun 2018, 16:32

Die jeweils hierfür benötigte Energiemenge lässt sich überschlagsmässig aus Roll- und Luftwiderstandskraft für jede beliebige Geschwindigkeit berechnen, wobei der Luftwiderstand bei höheren Geschwindigkeiten stärker ins Gewicht fällt, wegen der quadratischen Abhängigkeit von der Geschwindigkeit.
Für die erforderlichen Kräfte kommt man bei 45km/h und einem Akku auf ca. 80N.
Bei 45km/h und 3 Akkus sind es ca. 84,3N, also ca. 5% mehr.
Da die Akkus im Kumpan 1954L unter der Sitzbank untergebracht sind, dürfte nur ein höherer Rollwiderstand durch die ca. 20kg Mehrgewicht entstehen. Die Frage ist, wird durch das zusätzliche Gewicht beim Bremsen eine höhere Rekuperationsleistung erreicht? Klar, man gewinnt nie soviel Energie zurück, wie man zur Beschleunigung hineingesteckt hat. Interessant wäre trotzdem zu erfahren, ob die in die ca. 5% Deiner Rechnung mit einbezogen hast.
Catweazle hat geschrieben:
Di 5. Jun 2018, 16:32

Unter dieser Prämisse muss man sich schon sehr genau überlegen, ob der dritte Akku sein Geld noch Wert ist.
Für uns haben sich unsere zwei eRoller mit je 2 Akkus als optimal herausgestellt und so würde ich es auch jedem empfehlen.
Danke für die Einschätzung. Es deckt sich ziemlich mit meinen Erwartungen. Insofern bin ich bei möglichen Erweiterungen meines elektrischen Zweiradfuhrparks zu ähnlichen Gedanken gekommen. Soco und Trinity bieten für (einige) ihre Fahrzeuge zwei Akkus an, die auch parallel betrieben werden können. Ich sehe das als guten Kompromiß zwischen Reichweitenerweiterung, längere Fahrmöglichkeit mit Höchstgeschwindigkeit und Schonung der Akkuzellen durch geringere Entladungsströme an. Zudem hat man bei Kurzstrecken die Wahl nur mit einem Akku zu fahren um z. B. zeitgleich den Anderen zu laden. Angesichts der immer noch hohen Akkupreise ist schon ein Zweitakku ein hoher Kostenaufwand, dessen Investition überlegt sein sollte.

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Mi 6. Jun 2018, 13:46
von Catweazle
Hallo chrispiac,
da der 1954L leider keine Rekuperation hat, was ich hier im hügeligen Weserbergland schon vermisse, habe ich dazu leider keine Erfahrungswerte und dieses bei meinen Berechnungen auch nicht berücksichtigt.
Und Richtig, das Zusätzliche Gewicht macht sich nur im Formelanteil des Rollwiderstands bemerkbar und ist auch so von mir berechnet worden. Der Luftwiderstandskraftanteil FL liegt bei 45km/h bei ca. 45N.
Der Rollwiderstandsanteil steigt von FR = 35,3N auf FR = 39,2N bei 20kg Mehrgewicht durch die zwei zusätzlichen Akkus.

Wenn übrigens jemand Erfahrung damit hat, Rekuperation bei den Kumpan-Rollern nach zu rüsten, bzw. im Controller zu aktivieren wäre ich natürlich für Tips und Hinweise dankbar.
In diesem Sinne

Gutes Stromern alle miteinander

Catweazle

PS. gehört zwar nicht in dieses Forum, aber wir haben den nächsten Schritt getan und uns Vorgestern einen Sion von Sono-Motors vorbestellt, auf dass das nächste Abenteuer beginnt.

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Mi 6. Jun 2018, 19:06
von achim
Ich hab mal beim Niu Rekuperation und vorausschauendes Fahren verglichen.
Letzteres bringt eindeutig mehr.
Der Reichweitengewinn durch Rekuperation ist meines Erachtens nicht der Rede wert. Wenn der Roller sie hat, ok, ganz nettes Gimmick, aber extra nachrüsten rentiert sich nicht.

Gruß,
Achim

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Mi 6. Jun 2018, 19:40
von Evolution
Du brauchst auf jedem Fall die Bremsbeläge nicht so häufig zu wechseln, wenn Du den Gasgriff nur in die andere Richtung drehen muss, um zu rekuperieren.

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Mi 6. Jun 2018, 21:33
von Peter51
@catweazle
Es ist richtig, das mehr Gewicht mehr Wh beim Fahren erfordern. Nur, Lithium-Akkus haben bei geingerer Entladung z.B. 0,2C statt 2C eine höhere Kapazität. Also, 3 parallel geschaltete Kumpan Akkus sollten den höheren Rollwiderstand ausgleichen. Meines Wissens hat Kumpan 2014 bei Sabvoton 300 Controller bestellt. Insofern ließe sich Rekuperation (sliding recharge) beim Kumpan nachparametrieren.

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Mi 6. Jun 2018, 22:02
von otten.l
Peter51 ist hier schon auf der richtigen Fährte, ich würde aber sogar noch einen Schritt weiter gehen: die geringere Entladerate des Akkus (ca. von 1C auf 0,5C) sorgt für eine Zunahme der entnehmbaren Energie, die stärker ist als der Mehrverbrauch durch das höhere Gewicht. Insofern ist eine doppelte Reichweite aus meiner Sicht kein Widerspruch bzw. die Reichweite könnte sogar leicht höher sein als das Doppelte. Ich kann den Effekt mit meiner Zero eigentlich auch aus eigener Erfahrung bestätigen.

Ewig weitertreiben lässt sich das Spielchen natürlich nicht - mit dem dritten Akku geht es dann von 0.5 auf 0.3C und der zusätzliche Effekt wird geringer.

Gruß Lennart

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Mi 6. Jun 2018, 22:19
von wiewennzefliechs
Peter51 hat geschrieben:
Mi 6. Jun 2018, 21:33
Es ist richtig, das mehr Gewicht mehr Wh beim Fahren erfordern. Nur, Lithium-Akkus haben bei geingerer Entladung z.B. 0,2C statt 2C eine höhere Kapazität.
Nicht nur das: bei einer Parallelschaltung von mehreren Akkus sinkt der Strom pro Akku auf die Hälfte (bei 2 Akkus) bzw. ein Drittel (bei 3 Akkus). Der geringere Strom hat zur Folge, dass auch der Spannungsabfall am Innenwiderstand des Akkus und damit die im Akku entstehende Verlustleistung entsprechend niedriger wird. Allein das sollte den erhöhten Fahrwiderstand kompensieren.

Allerdings gibt es einen Faktor, der die Kompensation zunichte machen könnte: der Roller wird spürbar temperamentvoller, wenn mehrere Akkus angeschlossen sind, denn wenn weniger Spannung am Ri des Akkus abfällt, kommt mehr Spannung aus dem Akku heraus. Dadurch steigt das Beschleunigungsvermögen und die Endgeschwindigkeit. Wer diesen Effekt auskosten will (macht Spaß ;)), der steigert natürlich den Verbrauch.

Gruß

Michael

Re: Das Märchen von doppelter/dreifacher Reichweite bei zwei oder drei Akkus im Roller

Verfasst: Do 7. Jun 2018, 06:36
von vsm
chrispiac hat geschrieben:
Mi 6. Jun 2018, 12:32
[...]Da die Akkus im Kumpan 1954L unter der Sitzbank untergebracht sind, dürfte nur ein höherer Rollwiderstand durch die ca. 20kg Mehrgewicht entstehen. Die Frage ist, wird durch das zusätzliche Gewicht beim Bremsen eine höhere Rekuperationsleistung erreicht? Klar, man gewinnt nie soviel Energie zurück, wie man zur Beschleunigung hineingesteckt hat. Interessant wäre trotzdem zu erfahren, ob die in die ca. 5% Deiner Rechnung mit einbezogen hast.[...]
Catweazle hat den Rollwiderstand als Grundlage für seine Berechnungen genommen und die Energie, die in diesen geht, ist nicht durch Rekuperation zurück zu gewinnen. Du beziehst Dich auf die kinetische Energie bzw. die Beschleunigungsarbeit, die nötig war um diese zu erreichen. Die ist (teilweise) durch Rekuperation wieder in elektrische Energie umwandelbar.

Ohne die Berechnungen gemacht zu haben, möchte ich behaupten, dass Catweazles Ansatz hier auch nicht der zielführendste ist. Zunächst mal hat er mit gleichbleibendem Rollwiderstandskoeffizienten gerechnet, bei einem Fahrzeug z.B. kann man diesen aber beeinflussen, indem man bei höherer Gesamtmasse den Luftdruck der Reifen erhöht. Zum anderen besteht eine Ausfahrt ja selten aus einmaligem Beschleunigen am Anfang der Tour und einmaligem Verzögern am Ende, weshalb die gesamte Beschleunigungsarbeit viel stärker als der Rollwiderstand eingehen dürfte. Und hier muss man bei 10% größerer Gesamtmasse auch 10% mehr Arbeit aufbringen.