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Selbstbereifung

Verfasst: So 22. Dez 2019, 17:33
von Lucky
Selbstbereifung

Hab mal ein paar Tipps und Tricks zum Reifen selbst aufziehen zusammengetragen. Da, wir hier schon teilweise erwähnt, die Reifenhändler oder NIU-Händler 90 € und mehr für den Reifenwechsel (incl. Ein-und Ausbau) veranschlagen, hab ich mir gedacht, dass vllt der ein oder andere auch Bock hat es sich selbst zu besorgen…

Ich spreche allerdings nur von den NIU Modellen N Sport (früher N1S oder kurz auch Civic) und dem Prachtbrocken NGT. Die M-Teile hatte ich noch nicht inne Finger und kann deshalb auch nix berichten.

Aber Achtung! Das soll kein Aufruf an talentfreie Leute (auf's Schrauben bezogen, nicht böse gemeint), Doppellinkshänder oder Menschen sein, die ein neues Marmeladenglas nicht ohne fremde Hilfe aufbekommen, vielmehr ist es an die User gerichtet die sich halt ein wenig mehr auskennen und auch mehr machen wollen als andere.

Also jeder handelt selbstverständlich auf sein eigenes Risiko und so bla bla.

Im Zweifelsfall aber lieber Finger weg und Fachwerkstatt !!!

Wer schon einen Niu Roller erfolgreich und ohne Schäden zu hinterlassen zerlegt und wieder zusammengebaut hat, quasi auch das Prinzip der richtigen Reihenfolge der Plastikteiledemontage verstanden hat, ist eigentlich schon ganz weit vorne. Noch besser, wer schon Vorder-und Hinterrad aus- und eingebaut hat und danach auch noch störungsfrei Kilometer abspulen konnte….der hat das Schwierigste eigentlich schon gemacht.

Voraussetzung:

Eigentlich könnte man diese Arbeit an einem lauen Sommertag auch auf dem Bordstein erledigen (hab ich doch die Tage einen Typen gesehen, der im leichtem Nieselregen bei seinem Suzuki Samurai Jeep das Getriebe am Straßenrand ausgebaut hat …), aber ich bevorzuge da doch glücklicherweise lieber die Garage. Also eine sichere Unterstellmöglichkeit wie Garage oder Carport ist sicherlich von Vorteil.

Das Ding kippt um! Und das richtig schnell und vor allem unverhofft !
Will damit sagen, dass der Roller geschuldet seinem doch geringem Gesamtgewicht nicht so stabil auf dem Hauptständer steht, wie z.B. ‘ne fette BMW GS. Und wenn du am Hinterrad werkelst und das Dingen kippt plötzlich, wirst du merken wie schwer der eigentlich leichte Roller ist...
Ich dachte mir zuerst auch den Roller anständig zu unterbauen, hab die Idee aber schnell wieder wegen der wehleidigen Plastikteile im Untergeschoß verworfen.
Ich fixiere nun den Lenker mit Verzurrschlaufen( das sind die Dinger, die eigentlich für den Zweirradtransport gedacht sind, auch als Hängemattenbefestigung bestens funktionieren, die es z.B. bei A..z.. im 8er Pack für 12€ gibt) am Lenker und mit einem Spanngurt mit Ratsche, den ich dadurch schlaufe und unter dem Garagendach am Träger befestige. So kann ich das Moped mit der Ratsche feinjustieren und 'untenrum' ist nix im Weg. Das Moped steht aber immer noch auf dem Hauptständer und ich kann ohne das Risiko des Umfallens die Räder aus- und einbauen. Wer zu zweit ist, ist natürlich im Vorteil, ich habe alles alleine gemacht.
IMG_20191221_191328.jpg
Nun gehe ich von den schon ausgebauten Rädern aus (ist oft genug hier beschrieben wie das geht).

Also ich habe mir die ausgebauten Räder auf eine große Pappe gelegt und bin dann Mithilfe der auf dem Foto befindlichen Werkzeuge folgendermaßen vorgegangen. Ich habe mir alle Werkzeuge (bis auf den Pinsel mit 'Chinaborsten' :lol: , den hatte ich schon) vorher besorgt. Kosten nicht die Welt, zu den Preisen später.

Angefangen hab ich mit dem Vorderrad, zum 'Üben' einfacher. Umgebungstemperatur 4°C, Roller und Reifen auch, Finger auch schon fast, aber ich wusste ja, gleich wird's warm. Mit dem roten Teil auf dem Foto wird der Ventileinsatz aus dem Ventil rausgeschraubt. Die Luft entweicht schlagartig, also beim Rausschrauben schon drauf gefaßt sein, dass das Ding gleich herauskatapultiert wird.

Reifenmontagepaste, oder wie wir früher sagten Reifenseife ist wohl mit das Wichtigste bei diesem Vorhaben. Dieser riesige 5Kg Pott auf dem Foto hat incl.Versand keine 8€ beim großen A gekostet, reicht wohl für ein kleines Dorf, Hauptsache ich muß damit nicht geizen und schwarz ist sie obendrein, geil.

So, Luft ist aus dem Reifen raus, nun hatte ich vorher meine Wanderschuhe angezogen, der harten und stabilen Sohle wegen, zum Abdrücken der Reifen von der Wulst zur Felgenmitte. Immer uffpasse, Bremsscheibe darf kein Schaden nehmen. Ist der Reifen zur Felgenmitte gedrückt, geht es weiter. Ich hab das echt mit den Wanderschuhen gemacht, Sicherheitsschuhe gehen sicherlich auch, Crocs oder Chucks weniger.

Jetzt Felgeninnenseite und Reifen reichlich mit Reifenmontagepaste einquasten. In diesem Falle hilft viel wirklich viel! Danach hab ich das Rad mit der Bremsscheibe nach oben auf meine Pappe gelegt und einen weißen Felgenschoner an der Felgenkante eingeklinkt. Position egal, nur muß er gut sitzen, da der den ich habe eigentlich für größere Motorradfelgen gedacht ist. Mit den Bändern kann man die noch gegen Verrutschen sichern. Jetzt den Montierhebel dazwischen gesteckt und vorsichtig den Reifen versuchen über diesen Felgenschoner nach außen über die Felgenkante zu hebeln. Im gleichen Augenblick aber auf der gegenüberliegenden Reifenseite darauf achten, dass der Reifen in der Felgenmitte liegt und ich mehr Weg habe zum Drüberrutschen des Reifens. Also auf der einen Seite hebeln und gegenüber den Reifen zur Felgenmitte bringen.
Direktkontakt des Montierhebels mit der Felge auf jedenfall vermeiden. Der gehärtete Stahl ist gnadenlos zu deiner Felge. Sollte es doch nötig sein, du keine Felgenschoner hast oder so, Montierhebel mit zig Lagen Isolierband umwickeln.
Hat man nun den einen Montierhebel auf Spannung gebracht und den Reifen schon ein Stückchen darübergehebelt, kann man den gespannten Montierhebel hinter die Bremsscheibe klemmen, als dritte Hand sozusagen. Mit den übrigen Felgenschonern/Montierhebeln verfährt man genauso.
Wo genau man hebelt sieht man dann selbst,kaputt machen kann man eigentlich nix, wenn man die vorherigen Tipps befolgt. Der original CST Reifen ist weich wie' ne
Socke und flutscht relativ schnell von der Felge. Der Heidenau ist dagegen hart wie eine Bordsteinkante. Gut bei 4°C ist alles ein bißchen schwergängiger als im Sommer.
Ist die Reifenseite zur Bremsscheibe hin erstmal rübergehebelt kann man eventuell noch mal nachseifen und dann die zweite Seite 'rübermachen'.

Bei der Montage der neuen Pneus unbedingt deren Laufrichtung (meist ein Pfeil auf der Reifen- flanke aufgedruckt, oder DIRECTION und Pfeil) beachten. Auch sollte man sich vorher etwaige Ventile besorgen. Ist der Roller schon etwas älter, lieber Ventile komplett neu machen.

Reifen und Felgen an den Kontaktflächen nun wieder richtig einpinseln, Reifen richtig herum auf die Pappe legen (Laufrichtung) und mit der Nichtbremsscheibenseite der Felge anfangen und diese soweit wie möglich zu versuchen mit drehen und drücken in den Reifen zu stecken. Sah bestimmt lustig aus von der Seite, wie ich in Kackstellung mit Füßen den Reifen seitlich fixiert habe und unter Ächzen die Felge drehte und drückte…
Dann wieder Felgenschoner dran und Attacke und ähnlich wie das Abmachen geht das Draufmachen. Uffpasse,dass zum Schluß der Felgenschoner nicht nach innen (in den Reifen) fällt :oops: , denn das ist nicht lustig. Sollte auf den Neureifen eine Farbpunkt sein, der kommt auf Höhe des Ventils. Da muß man vorher schon in etwa gucken, das der da ist. Im Nachhinein alleine den Heidenau auf der Felge drehen ist schwer.
Ist das getan, kommt Luft rein. Am besten mittels Kompressor und zwar noch ohne den kleinen Ventileinsatz. In diesem Moment ist nämlich viel Luft gefragt und diese ballert am leichtesten ohne den Ventileinsatz in den Reifen. Nachdem der Reifen richtig auf den Felgensitz gerutscht ist, meist mit einem lauten Plopp (ich mache mind.3bar in die Bude, wenn nicht sogar 4bar) mache ich den Luftprüfer wieder ab und Schraube noch in die ausströmende Luft den Ventileinsatz in das Ventil. Luftdruck nochmal prüfen, dann mit Spucke prüfen ob Ventil dicht, fertig.
Hinterrad geht genauso,die Achse ist so gebaut,dass das Kabel nicht gequetscht werden kann,eigentlich.Trotzdem uffpasse, eventuell Kabel und Stecker nochmal extra schützen vor Beschädigung. Heizungsrohrummantelung o.ä.
Der Reifen ist kräftiger, deshalb würde ich keine kürzeren Hebel nehmen.

Preise der Werkzeuge:

Ventileinsatzausdreher unter 5 €
Felgenschonersatz (Louis) ca.10 €
Montierhebel Stk. 7,50€ (drei sind ratsam)
Reifenmontagepaste schwarz unter 8 €
IMG_20191221_192211.jpg
Kompressor von meinem Lieblingslebensmittelverkaufsgeschäft 129€


Sicherlich lohnen sich die Anschaffungen nicht, wenn man das nur einmal macht, speziell der Kompressor. Hat man aber mehrere Fahrzeuge, lernt man den Kompressor lieben!

Hat man aber die Reifen einmal erfolgreich und ohne Schäden und Blessuren gewechselt, denkt man schon über den nächsten Reifen nach, den man mal ausprobieren will. In meinem Fall würde ich den ' Glattstrassenreifen ' Heidenau K80 gern testen. Ich muß ja jetzt nur noch die Reifen kaufen...

Re: Selbstbereifung

Verfasst: Mo 23. Dez 2019, 14:04
von Mr.Eight
Den Beitrag habe ich in den FAQs verewigt.
Danke

Re: Selbstbereifung

Verfasst: Mo 23. Dez 2019, 15:53
von Lucky
Danke auch, freut mich.
Ich habe übrigens für gute Tipps immer ein offenes Ohr.
Wer also diesbezüglich noch was anfügen möchte, ist herzlich eingeladen.
Also nicht nur denken, auch schreiben.

Die ' Selbstbereiften' haben keinen Druckverlust seit der Montage.

Re: Selbstbereifung

Verfasst: Sa 11. Jan 2020, 09:45
von Lucky
Wer übrigens keinen Kompressor oder eine leistungsfähige Handpumpe hat, kann sich auch anders behelfen dass der Reifen richtig sitzt.
Ist von meiner Seite aus absolut nicht zu empfehlen aber dennoch sehenswert. Aber seht selbst...

https://youtu.be/N45KcCsBYmc