Ernsthaft wird niemand etwas gegen Warnpiepser haben, wenn Fahrzeuge in einen schlecht einsehbaren Bereich einfahren - schlecht einsehbar z.B. weil es sich um das Heck des Fahrzeugs beim Rückwärtsfahren handelt. Den Sinn von (funktioniernden) Spurhalteassistenten und Notbremsassisten wird sicher auch niemand in Frage stellen.
AVAS-betreffend sind die Verhältnisse aber anders. Mir scheint, die Blindenverbände sind selbst blind in der Frage, dass zu einem Unfall mit einer sehbeeinträchtigen Person auch ein Fahrzeugführer gehört, der seine Aufmerkskeitspflicht massiv verletzt. Gerade beeinträchtige Personen sind - ganz im Gegensatz zu Smombies - eher ruhig und vorsichtig unterwegs und überqueren Straßen außerhalb von Ampeln oder Fußgängerüberwegen praktisch nie ohne fremde Hilfe. In verkehrsberuhigten Bereichen darf und muss man aber auch davon ausgehen, dass die Fahrzeugführer von (E-)Bike bis SUV die Augen offen haben und entsprechend defensiv und umsichtig fahren und ggf. anhalten oder Abstand halten. Hier aber liegt das eigentliche Problem.
Wie auch das neueste Kind "Pflicht-Verkehrszeichenerkennung" gehört AVAS zu den für mich von vorherein zum Scheitern verurteilten und eher rührend hilflosen Versuchen, den Straßenverkehr "keimfrei" gestalten zu wollen, während nach wie vor am eigentlichen Problem, dem Menschen im Straßenverkehr, in keiner Weise korrigierend gearbeitet wird. Nach meiner Beobachtung ist der Straßenverkehr einfach immer ein Spiegel der Gesellschaft. Wer im ganzen Leben als rücksichtsloser egoistischer antisozialer Rüpel erfolgreich ist, wird sich auf der Straße kaum anders benehmen - und den allermeisten höflichen, netten und rücksichtsvollen Menschen wird auch im Straßenverkehr eine entsprechende Verhaltensweise eine Selbstverständlichkeit sein.
Strafen werden - abgesehen vom Blitzer - nur verhängt, wenn Regelverstöße zufälligerweise von Ordnungskräften zur Kenntnis genommen werden (und auch nur wenn die entsprechende Handlungsbereitschaft individuell vorhanden ist. Einen anderen Anreiz zum besseren Benehmen gibt es bisher nicht. Stattdessen herrscht große Erleichterung und Freude allenthalben, dass Polizei und Justiz nur den Fahrer belangen dürfen, wenn man ihn den feststellen kann. Sogar Jagd auf Polizisten ist so möglich, wenn man nicht in flagranti erwischt wird.
Auch wichtig fände ich regelmäßige Nachschulungen und Prüfungsmöglichkeiten. Und das muss gar nicht die Welt kosten. Wenn das Verkehrsministerium Online-Schulungen anbieten würde mit einfachen Prüfungsfragen und man ein paar Prozent Rabatt bei der Kfz-Versicherung bekommt, wenn man dort das Zertifikat zur Teilnahme vorlegt und regelmäßig erneuert, geht die Fahrschulmafia aber leer aus. Oder die künftige Blackbox im Auto wirft künftig auch einen Fahrerscore aus, der auf dem Diagnosebericht in der Werkstatt mit erscheint. Ja, ich höre schon wieder das Mimi der spaßbetonten Gaspedaltreter, die natürlich immer und ausnahmslos gleichzeitg die besten und rücksichtsvollsten Fahrer sind...
Ceterum censio: Mehr Zivilstreifen mit Sofortstrafen auf deutsche Straßen. (Ich bin gerade aus DK zurück und allein mit den denkbaren Strafen für Delikte auf der Fahrt dahin und zurück, die ich von meinem Auto beobachten konnte, wäre der Urlaub zu finanzieren gewesen.)
Fördert und fordert mit Nachdruck eine vernünftige Fahrweise in allen Situationen - und dann können wir uns das ganze Geklingel und Gebimmel sparen. "Cui bono?", die Mutter aller Fragen. Aufwand und Nutzen der technischen Aufrüstung stehen hinsichtlich des Gewinns an Verkehrssicherheit in keinem Verhältnis mehr zueinander - Null Verkehrstote werden nur zu erreichen sein, wenn der Verkehr als ganzes beendet wird (also auch keine Öffis mehr etc). Nutzen sehe ich vor allem bei den Herstellern mit gestiegenen Umsätzen und dem Staat, der über die Meerschweinsteuer daran mitverdient.