Ich antworte mal ausnahmsweise

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Zellalterung: jepp, die gibt es kalendarisch. Das hängt aber auch davon ab, in welchem Ladezustand die Zellen überwiegend herumstehen. Die Modellbaufahrer halten ihre LiPos auf 60%, für Tesla ist der Akku bei 95% voll, darüber beginnt wohl die Alterung etwas heftiger. Für einen täglich genutzten E-Roller mit Limitierungen aufgrund der Akkukapazität sind die 95% allerdings wenig praktikabel ...
Zu den Spannungsgrenzen:
Auf Pauschalaussagen wir 4V / 1V würde ich mich nicht verlassen. Maßgeblich halte ich die Datenblätter der Hersteller für relevant, Thundersky hatte früher mal 4.2V genannt (mittlerweile nach unten korrigiert), und 2.5V. Bei der letzten Spannungsgrenze wurde leider offen gelassen, ob es die Spannung unter Last oder Leerlauf ist, für welche Temperatur das gilt, ..., so dass ich da auf sichere Werte setzen würde. Betrachtet man die Ladekurve / Entladekurve (hier wieder Thundersky / Winston), dann fängt die Zelle auf den letzen 10-20% an, auf 3V oder weniger zu sinken. Das ganze geht ratzfatz schnell. Ohne Einzelzellenüberwachung ist dann die Abwägung, was man sich als untere Spannungsgrenze erlauben möchte. Da halte ich 3.0V im Leerlauf oder 2.8V unter Last bei ca. 20° für ok. Bei Werten darunter und 16 oder mehr Zellen in Serie besteht die Gefahr, dass ansonsten aufgrund Herstellungs- und Alterungstoleranzen die ein oder andere Zelle erheblich tiefer in der Spannung abrutschen kann.
Ladespannung 3.6V-3.65V: das ist der faule Kompromiss, den wir eingehen müssen. Von der Chemie her ist der ideale Wert (jetzt grob aus der Erinnerung) für unsere Chemie bei ca. 3.38V. Diese Spannung hat nur einen Nachteil: die entspricht der Leerlaufspannung zwischen ca. 15 - 95% Ladezustand. Damit ist aus dieser Spannung nicht ermittelbar, wie voll der Akku ist. Durch den Ladestrom wird am Innenwiderstand der Zelle zusätzlich Spannung erzeugt (im Ersatzschaltbild für einen Akku Ri), bei z.B. 8Milliohm pro Zelle also 0.08V, und schon sind wir bei 3.46V an der Zelle bei 10A Ladestrom. Dann kämpfen wir mit unterschiedlichen Innenwiderständen der Zellen, Übergangswiderständen, Ri verändert sich auch noch mit Ladezustand,..., so dass wir vor dem Problem stehen, dass der Ladezustand immer noch nicht sauber ermittelt werden kann.
Also nächster Trick: die Spannung an der Zelle schnellt gegen Ende des Ladevorgangs steil nach oben. Bei meinem eingebauten 8A-Ladegerät bin ich tw. bei einer Minute, innerhalb derer die Spannung von rund 3.5V (plus minus ein paar hundertstel) die 3.65V überschreitet. Das ist eine geringe Überladung, die aber wohl zum Größtenteil kapazitiv in der Zelle abgelagert wird.
Also: letztendlich wissen wir nur bei 3.60V recht definitiv, dass die Zelle voll geladen ist. Die Werte darunter sind während des Ladevorgangs aufgrund der Innenwiderstände lediglich "Trugbilder".
Edit: siehe Alfs Beitrag, das Absinken der Spannung von 3.65 auf 3.4xV liegt am fehlenden Ladestrom am Innenwiderstand, aber auch geringe Selbstentladung des "Kondensatoranteils" des Akkus.
Ein Irrtum ist es, dass bei 3.6V durch Reduzierung des Ladestroms noch "eine Menge Ladung" in die Zellen eingebracht werden kann. Bei ca. 3.6V pro Zelle schaltet ein ordentlich eingestelltes Ladegerät von CC auf CV um, und die CV-Phase dauert, im Gegensatz zu Bleiakkus, wenn überhaupt nur wenige Minuten. Es reicht mal gerade, um die paar letzten Balancer zu aktivieren. Hier kann auch das Thundersky-Datenblatt als Beleg hergenommen werden. Die sind sogar noch etwas strenger als die meisten Ladegeräte anderer Hersteller, bei 3.6V und 1A Ladestrom ist nach deren Ansicht die Zelle voll.
Edit: Alf fährt eine leicht andere Ladestrategie als ich: mit seinen Schaltschwellen verhindert er das Überladen der Zellen. Ich fahre die Strategie, ab 3.6V die Balancer arbeiten zu lassen, damit ich wirklich alle Zellen in diesen Spannungsbereich 3.6V bekomme. Natürlich bin ich der Meinung, dass meine Strategie besser ist als seine, aber wir werden es wohl erst nach einigen Jahren wissen und uns bis dahin gelegentlich in dieser Frage beharken
Da die Chemie irgendwann keine Ladung mehr aufnehmen kann, kapazitiv auch alles belegt ist, begänne also durch weiteres Nachladen die Zersetzung innerhalb der Zelle.
Zellalterung bei kleinen dauerhaften Ladeströmen: wenn ich mich recht entsinne, hatte MEroller mal eine diesbezügliche Studie hier im Forum verlinkt. Die läßt für mich keinen Zweifel daran, dass der Innenwiderstand der Zellen leicht (!) ansteigt, wenn man Sie derart behandelt. Die Frage ist, wie schlimm ist es mit der Mißhandlung. Ich habe es anfangs auch 2-3 mal im Jahr so gehalten, der Akkusatz existiert seit 2008 und tut es immer noch, zeigt aber Alterungsspuren. Man kann es m.E. gelegentlich (!) machen, aber es ist nicht das Mittel der Wahl, wenn ein oder mehrere Laborlader zur Verfügung stehen. Siehe auch Absatz vorher. Zumindest halte ich die Aussage des Experten, dass dauerhaftes Laden der Zelle mit 3.6V bei kleinen Strömen der einzige Weg ist, um diese voll geladen zu bekommen, für grob fahrlässig (eigentlich für groben Unfug). Für mich wäre eine ideale Ladelösung eine, die die Zellen auf 3.6V bringt und nach dem Ladevorgang auf unter 3.5V herunterzieht. Gibt es leider noch nicht zu kaufen.
Auch wenn Lipo nicht gleich LiFePO4 ist: die Laptopakkus sterben alle so früh, weil die ständig auf 100% nachgeladen werden. Ausnahmen gibt es bei Laptops mit intelligenter Ladeelektronik: die fangen erst mit dem Nachladen an, wenn der Ladestand die 95% unterschreitet. Deren Akkus halten bei mir länger als der Laptop ...
Um Zeit zu sparen: irgendwann hat man ja mal die "übelsten" Zellen ermittelt, stellt die im Roller nebeneinander, und kann dann diese (und eben nur diese) mit dem Laborlader zeitgleich behandeln.
Balancer und BMS sind teilweise von der Funktion her identisch. Balancer verbrennen bis 2.1A (gängige Modelle z.B. bei Lipopower), die BMS-Huckepackplatinen machen prinzipiell das gleiche bei deutlich weniger Leistung, bieten aber noch "Steuerung" des Ladegerätes (aber i.d.R. nur An / Aus) an sowie ggf. Unterspannungsschutz. Da sich die bisherigen BMS-Lösungen hier im Forum nicht so sonderlich bewährt haben, ist meine Empfehlung weiterhin fette Balancer bei Selbstbaulösungen und "manuelle" Unterspannungsüberwachung.
Die Unterspannungsüberwachung kann man den Controller machen lassen (bei Kellys programmierbar), falls der eine geeignete Grenze setzt. Bei mir ist eine akustische Warnung bei ca. 43V vorhanden und Abschaltung bei ca. 40V. Die Spannungen sind einigermaßen ok, also ungefähr 2.7V pro Zelle unter Last bzw. 2.5V. Für den Sommer zu großzügig, für Minusgrade zu wenig großzügig, aber zwischen ca. 0-16° brauchbar.
Auf "Hochschulformulierungen" habe ich wie immer verzichtet - ich versuche lieber, die Dinge allgemeinverständlich zu formulieren. Wichtig: die Aussagen gelten nur für LiFePO4 (mit oder ohne Yttrium), die Chemie bei Kauflösungen (Emco, UNU?) ist anders und weist daher auch ein anderes Verhalten auf,