
Leute, ich war bei Lennart. Hauptgrund eigentlich der Esse-Vorführer, war da aber leider einen Tag zu spät...
Dann zeigte mir Hr Matthäus die Ribelle. Ich konnte mich auch ohne Anmeldung in die Reihe der Probefahrer einmogeln und durfte sie fahren und würd gerne meine ersten Eindrücke wiedergeben.
Kurz zu mir: 1,78m, 120kg, 35Jahre Motorraderfahrung, die letzten 20 Jahre BMW (R100GS, R1150R, R1200GS - die GS ist eigentlich für mich die ideale Fahrmaschine und ich bin wirklich sehr happy mit ihr!!). Dann seit 2015 erst ne Zoe, und seit 2017 Ampera-E. Durch ein 18650-Akkuzellen-Projekt, wo ich einen Vectrix VX-2 auf die Zellen umbauen wollte und letztes Frühjahr auf Elektronik aus China wartete, bin ich in dieser „Wartezeit“ mal zu einem örtlichen Zero-Händler gefahren... 2 Monate später war das Bastelprojekt verkauft und ich hatte eine DS

So, nun zur Ribelle. Habe ja einiges gelesen, viel YouTube geschaut. Aber dann selbst mal fahren ist einfach unglaublich.
1. Eindruck/Verarbeitung
Wow. Einfach nur wow. Saubere Schweißnähte, viele CNC-gelaserte Teile. Gerade auch Details sind einfach mit italienischer Passion ausgeführt. Dafür kann man mich als Ingenieur beeindrucken. Saubere Lackierung. Aber: Man findet auch lieblose Details. Habe mal was vom „Urinbecher“-Bremsflüssigkeitsbehälter gelesen. Kopfkino - leider stimmt es. Er wackelt zudem bei der Fahrt - das muss höherwertig sein. Die Bedienelemente erschienen mir hochwertig - klar besser verarbeitet als Zero, die Schalter sind weicher zu betätigen. Habe ich zwar bei Zero nie bemängelt, aber die Ribelle zeigt, dass es auch besser geht.
Der Esse-Vorführer stand noch in der Werkstatt, ich durfte einen Blick drauf werfen - ebenfalls gleichwertig. Klar, viele Gleichteile. So viele, dass es sich lohnt, eher die Unterschiede Ribelle/Esse zu listen.

2. Ergonomie, Bedienung
Okay, es ist ein Streetfighter. Das muss ein „GS-Mann“ erst mal verinnerlichen. Aber alles passt! Man wird wirklich eins mit der Maschine, Hände/Füße finden automatisch die Position. Okay, prinzipbedingt etwas spitzere Kniewinkel, aber trotzdem für mich noch akzeptabel. Ich musste den Kopf kaum abknicken (meine größte Sorge). Während der Fahrt war es für mich nur im Stadttempo nervig, da logischerweise Gewicht auf den Handgelenken lastet. Ab so 70km/h neutralisiert der Winddruck alles. Die Spiegel sind italienisch-hübsch, aber eigentlich ein Witz. Zu klein, ich sehe zu 50% meine Schultern. Aber ein zarter 70kg-Italiener (sorry, Jungs) kommt damit sicher super klar!
Die Bedienung des Dashboards ist für mich mit leicht nerdigen Genen sehr eingängig. Flugs, mal die Uhrzeit korrigiert. Fahrmodi kosten quasi keine Ablenkung und gehen selbst auf Probefahrt auch blind. Schade, dass der Tempomat-Taster so weit innen liegt, dass die rechte Hand die normale Position am Griff verlassen muss. War sogar versucht, mit links überzugreifen.
3. Fahren
Das Fahrverhalten ist sehr neutral. Habe einiges zur Kopflastigkeit gelesen - konnte ich auf etwa 30km Probefahrt nicht entdecken, aber ich habe auch im Meppener Umland die Serpentienenstrecken leider nicht gefunden. Dafür viele Geraden.

Kurzum: Sie beschleunigt heftiger, als ich es trotz diverser gelesener Berichte es erwartet hätte. Vollstrom habe ich mir schlicht nicht getraut. Der HAMMER. Das Fahrwerk war für mein Gewichtsklasse vorne okay, hinten zu unterdämpft und zu wenig vorgespannt. Bei 80 oder 90kg könnte es gut passen. Nun ja, man kann es einstellen und ich bin sicher, dass ich es hätte viel besser anpassen können. So gab es aber Zustände, wo es nicht ideal war. Aber dazu reichen die paar km einfach nicht aus - ist nur ein erster Eindruck. Trotzdem: Der Zero um eine satte Klasse überlegen!
Was mir aufgefallen ist: Eine leichte Aufstellneigung in Kurven. Vielleicht mal mit dem Reifendruck vorne spielen. Zu den Reifen kann ich ansonsten nichts sagen. Was zudem auffällig war, ist, dass die Maschine freihändig nicht geradeaus lief. Hier vielleicht mal die Radflucht prüfen, ich würde wetten, dass das Hinterrad leicht schräg montiert ist.
4. Verzögern
Ein absolutes Highlight: Die einstellbare Reku. Klarer Pluspunkt Energica: Die Reku ist per Strom-Drehgriff steuerbar - wie mein One-Pedal-Driving meines Amperas. Also irgendwo bei 10° „Gashahn auf“ segelt man, bei 9° wird ganz zart rekuperiert, macht man mehr zu, nimmt die Reku stufenlos zu. Im Vergleich kann die Zero zwar besser segeln, aber wenn die Reku-Bedingugen da sind (Bremslicht an), dann haut die Reku voll rein - so, wie im Menü eingestellt. Das trägt dazu bei, dass ich mit der DS keinen sauberen Strich schnell fahren konnte - dazu musste ich die Reku immer komplett aus schalten. Unschön, wenn man die Energie thermisch zerstören muss...
Und absolut ist die Reku so stark, dass man bei auch nur halbwegs gesitteter Fahrweise eigentlich nicht mechanisch bremsen muss. Und wenn doch mal, dann sind die Brembos sicher nicht die schlechtesten Anker. Hier habe ich leider nicht auf Dosierbarkeit und Wirkung geachtet und kann nix dazu sagen. Sie waren zumindest unauffällig - nicht zu lasch, nicht übertrieben bissig (beides wäre mir aufgefallen).
Noch was: Der max Lenkwinkel ist subjektiv geringer als bei Zero! Ich habe zuhause eine tricky „rückwärts-neben-dem-Busch-zwischen-Zaun-und-Hütte-unter-das-Dach“ Einparksituation. Zurückschieben geht mit der GS problemlos, da enger Wendekreis und super zu greifen. Schon die DS macht da aufgrund des Wendekreises Probleme. Gut, dass Energica einen Rückwärtsgang hat!
Zum Abschluss einen herzlichen Dank an Lennart und seine Mannschaft! Leider, leider bin ich nun trotz Mundschutz vom Virus infiziert; eine Heilmethode in Form einer Esse aus einem anderen Standort ist in Sicht und ich bespreche mit meinen beiden Therapeuten Dr. Matthäus und Dr. Otten gerade die richtige Therapie.
Sorry, ist länger geworden.
