esteban hat geschrieben: ↑Do 7. Jun 2018, 21:13
Ich bin zwar noch nicht lange hier vertreten, aber vielleicht hilft ein kleiner Exkurs zum Thema Tiefentladung dem ein oder anderen weiter:
Wie gewünscht kurz zum beruflichen / fachlichen Hintergrund:
Ich habe neben dem Fahrzeug- und Motorentechnikstudium (TU München, da das anscheinend wichtig ist

) mit Schwerpunkten bei Regelungstechnik und elektrischen Antrieben mehrere Jahre als HiWi bzw. später als Werkstudent in der Elektronikentwicklung gearbeitet, die Software für die entwickelte Elektronik sowie auch die ansteuernden PCs geschrieben.
In einer Studienarbeit habe ich die Auswirkungen von Tiefentladung auf verschiedene Zellchemien bei 18650-Zellen mithilfe eines selbst entwickelten Messgerätes untersucht und die derzeit laufende Masterarbeit ist eine Entwicklung eines Batterietesters in der 100A-Klasse.
Damit bin ich zwar noch lange kein Experte auf diesem Gebiet, zumindest eine solide Grundahnung unterstelle ich mir aber doch.
Abgesehen von den grundsätzlichen Dingen, die (ich glaube) Achim wunderbar zusammengefasst hat und die ich auch so unterschreiben würde, würde ich noch gerne mit einem Missverständnis zum Thema Tiefentladung aufräumen:
Was ist eine Tiefentladung?
Eine Tiefentladung ist dann gegeben, wenn die Zelle unter ihre Entladeschlussspannung entladen wird. Diese ist je nach Zellchemie eine andere und kann auch innerhalb einer Zellchemie von einem Zelltyp zum anderen abweichen.
Wenn euer Hersteller sein BMS bzw. seinen Bordcomputer richtig parametriert hat, entsprechen 0 % SoC genau der vom Batteriehersteller spezifizierten Entladeschlussspannung (oder ein bisschen drüber). Wenn ihr also bis 0 % fahrt, seid ihr
nicht in der Tiefentladung!
Was passiert bei einer Tiefentladung und warum ist das schädlich?
Entlädt man eine Li-Ionen-Batterie unter die Entladeschlussspannung, beginnt das elektrochemische Potential der Anode (beim Entladen: Minuspol) rapide an zu steigen. Ab einem gewissen Potential beginnt dann die Kupfer-Ableiterfolie der Anode an, sich aufzulösen (was im normalen Betrieb nicht passieren kann). Die gelösten Kupferionen lagern sich an der Kathode ab, werden wieder zu Kupfer reduziert und wachsen als kleine "Stachel" durch den Separator durch und führen zu kleinen Kurzschlüssen in den Zellen.
Und ich möchte nochmal betonen, dass die weit verbreitete Angst vor einer Tiefentladung nicht gerechtfertigt ist, außer:
ihr fahrt den Akku komplett leer und lasst den Akku dann lange stehen. Dann zieht der Roller bzw. zumindest das BMS noch einen kleinen Ruhestrom, der durchaus zu einer Tiefentladung führen kann.
Alles andere, also am besten im Fenster zwischen 30% und 70% SoC bewegen, ist ein Alterungsthema, was bei der Zyklenfestigkeit der modernen Generationen von Li-Ionen-Akkus in unserem Anwendungsfall nahezu unbedeutend sein dürfte.
Gute Fahrt weiterhin und macht euch mit euren Akkus nicht verrückt