Niu richtig laden

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andreas7
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Re: Niu richtig laden

Beitrag von andreas7 »

Meine Erfahrungen zum Thema Tiefentladung 18650 Zellen.

Ich habe sehr guten Kontakt zu einem Fachhändler im Kreis Offenbach und bekomme regelmäßig kaputte Pedelec Akkus.
Im Frühjahr ist immer damit Hochsaison. Die Kunden entladen Ihren Akku im Herbst und stellen das Pedelec in die Garage und vergessen den Akku.
Im Frühjahr ist er Akku regelrecht abgesoffen. Das Batteriemanagment hat den Akku total entladen.
Die Zellenspannung beträgt dann nur noch 0,5 Volt und das Batteriemanegment ist abgestürzt.

Jetzt öffne ich den Akku und lade mit einem Labornetzteil die Zellen langsam wieder hoch.
Das hat vielfach problemlos funktioniert. Die Zellen habe ich dann im Freundeskreis verschenkt.
Die Modellbauer kann man damit glücklich machen. Einen solchen Bastelakku verwende ich für mein Pedelec seit zwei Jahren.

Trotz totaler Tiefentladung über Monate funktionieren die Zellen wieder gut.
Ein Bekannter, Werkstattleiter bei BMW Motorrad, verwendet die Zellen zum Starten von schweren BMW Motorrädern.

Reklamationen oder Horrormeldung über Zimmerbrände habe ich noch nicht erhalten. :lol: :lol:
Ich bin selbst überrascht, wie robust die Zellen sind. Damit kann man noch wunderschön basteln zum Nulltarif.

NIU2017
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Re: Niu richtig laden

Beitrag von NIU2017 »

Ich hoffe eigentlich schon länger, dass sich da mal ein paar kleinere Spezialisten selbstständig machen und Akkupacks aufarbeiten. Es gibt eigentlich nur Angebote, wo neue Akkus eingebaut werden aber vermutlich würde es völlig ausreichend, wenn man die paar wirklich kritischen Zellen entfernt und durch neue ersetzt.

esteban
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Re: Niu richtig laden

Beitrag von esteban »

andreas7 hat geschrieben:
Sa 9. Jun 2018, 10:50
Jetzt öffne ich den Akku und lade mit einem Labornetzteil die Zellen langsam wieder hoch.
Das hat vielfach problemlos funktioniert. Die Zellen habe ich dann im Freundeskreis verschenkt.
Das funktioniert definitiv, kann aber gefährlich werden. Wie gesagt, wenn das Oxidationspotential von Kupfer an der Anode erreicht wird und die Zelle wochenlang dort bleibt (bei 0,5 V kann man davon ausgehen), kannst du dir sicher sein, dass die Zelle interne Kurzschlüsse aufweist.
Ich selbst hatte schon Zellen, die nach 4 h bei 0 V so starke interne Kurzschlüsse hatten, dass man sie nicht einmal mehr aufladen konnte.
Messen kannst du das z.B. über die Selbstentladung der Zelle, ist aber nicht ganz trivial, außer die Zelle ist schon so kaputt, dass die Selbstentladeströme im mA-Bereich liegen. Leichte Defekte kündigen sich bereits im zweistelligen µA-Bereich an, um das zu messen, brauchst du aber eine Klimakammer und eine sehr präzise Spannungsregelung und Strommessung.

Zum Basteln sind solche Zellen sicherlich noch gut, aber man muss sich halt dessen bewusst sein, dass bei vollen Zellen mit internen Kurzschlüssen die Gefahr eines Thermal Runaway nicht ausgeschlossen ist (im Gegensatz zum entladenen Zustand) ;)
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otten.l
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Re: Niu richtig laden

Beitrag von otten.l »

NIU2017 hat geschrieben:
Sa 9. Jun 2018, 11:26
Ich hoffe eigentlich schon länger, dass sich da mal ein paar kleinere Spezialisten selbstständig machen und Akkupacks aufarbeiten. Es gibt eigentlich nur Angebote, wo neue Akkus eingebaut werden aber vermutlich würde es völlig ausreichend, wenn man die paar wirklich kritischen Zellen entfernt und durch neue ersetzt.
Wir arbeiten daran in Zukunft den ein oder anderen Service in dieser Richtung anbieten zu können. Wann es soweit sein wird möchte und kann ich aktuell nicht prognostizieren.

Den Austausch von einzelnen Zellen sehe ich in einer größeren P/S Anordnung aber eher kritisch. Einzelne besonders schwache Zellen bekommt man von außen sowieso erstmal nicht mit, man müsste daher im Prinzip jede Zelle einzeln vermessen. Wenn das Paket durch eine entsprechende Zyklenanzahl gänzlich geplättet ist macht es erst Recht keinen Sinn mehr. Dann besser die alten Zellen anderweitig verwenden (z.B. Heimspeicher) und den Akku fürs Fahrzeug neu bestücken.

Gruß Lennart
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Re: Niu richtig laden

Beitrag von 4info »

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kleiner Tipp:
Egal welche Ladestrategie ihr anwendet, die WLAN Steckdose TP-Link HS110 hat mich bisher optimal unterstützt!

Anwendungsbeispiele:
- Ladezeitpläne
- von überall kontrollieren ob der Akku noch läd, ggf. Strom abschalten
- sehen wie hoch der Ladestrom gerade ist
- sehen wieviel kWh bereits geladen wurden
....

von mir klare Kaufempfehlung.
Zuletzt geändert von 4info am Sa 9. Jun 2018, 12:23, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Niu richtig laden

Beitrag von vsm »

NIU2017 hat geschrieben:
Sa 9. Jun 2018, 11:26
Ich hoffe eigentlich schon länger, dass sich da mal ein paar kleinere Spezialisten selbstständig machen und Akkupacks aufarbeiten. [...]
Da gibt es auch größere Spezialisten für, allerdings werden diese "alten" Zellen eher für stationäre Anwendungen genutzt, wo die Kapazität pro kg relativ egal ist... ;)

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Re: Niu richtig laden

Beitrag von NIU2017 »

otten.l hat geschrieben:
Sa 9. Jun 2018, 12:05
Wir arbeiten daran in Zukunft den ein oder anderen Service in dieser Richtung anbieten zu können. Wann es soweit sein wird möchte und kann ich aktuell nicht prognostizieren.
Meine Akku ist ja zum Glück erst ein Jahr alt ;)
Wenn ihr so weit seit, wäre ich an näheren Informationen dazu sehr interessiert.

andreas7
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Re: Niu richtig laden

Beitrag von andreas7 »

Hallo ins Forum,

Wegen der Antworten auf meinen Beitrag habe jetzt mal den ältesten Akkupack vermessen, um die Selbstentladung abzuschätzen.
Nach über 1 Jahr liegezeit des Akkus, ohne irgendeinen Verbraucher (BMS) angeschlossen, habe ich noch eine Spannung von 28,62 Volt bei 7x3 Zellen.
Das ergibt eine Zellenspannung nach 1 Jahr von 4,0885 Volt. Gemessen wurde mit einem Fluke 187 Multimeter.
Die Akkus sind somit noch randvoll, bei der Zellenspannung kann keine nennenswerte Selbstentladung vorliegen.

Zusätzlich habe ich die Zellen auch noch mechanisch nicht korrekt behandelt.
Mit einem Lötkolben habe ich Kupferdrähte direkt auf die Zellen gelötet.
Wenn man das kurz und schmerzlos macht, dann werden durch die starke Erhitzung die Zellen kaum geschädigt.
So löte ich auch seit Jahrzehnten Ni-CD und später Ni-Metallhydrid Mignonzellen zu größeren Batterien zusammen.
Schäden an den Zellen konnte ich bis jetzt nicht feststellen.

Generell sind die 18650 Rundzellen sehr robust.
Obwohl ich schon mit mehreren hundert "Schrottzellen" gebastelt habe, gab es nie explosive Probleme.
Bei Tütenakkus bin ich aber sehr vorsichtig. Da gab es schon öfters brenzlige Unfälle.

derwok
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Re: Niu richtig laden

Beitrag von derwok »

Weil hier ein paarmal die "20% => 80%" Ladestrategie in Frage gestellt wurde, vielleicht ein kleines Zitat aus dem offiziellen Niu N1S Handbuch (Modell 2018):
NiuN1SHandbuch_Seite21.png

Wolfes
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Re: Niu richtig laden

Beitrag von Wolfes »

esteban hat geschrieben:
Do 7. Jun 2018, 21:13
Ich bin zwar noch nicht lange hier vertreten, aber vielleicht hilft ein kleiner Exkurs zum Thema Tiefentladung dem ein oder anderen weiter:

Wie gewünscht kurz zum beruflichen / fachlichen Hintergrund:
Ich habe neben dem Fahrzeug- und Motorentechnikstudium (TU München, da das anscheinend wichtig ist :idea: ) mit Schwerpunkten bei Regelungstechnik und elektrischen Antrieben mehrere Jahre als HiWi bzw. später als Werkstudent in der Elektronikentwicklung gearbeitet, die Software für die entwickelte Elektronik sowie auch die ansteuernden PCs geschrieben.
In einer Studienarbeit habe ich die Auswirkungen von Tiefentladung auf verschiedene Zellchemien bei 18650-Zellen mithilfe eines selbst entwickelten Messgerätes untersucht und die derzeit laufende Masterarbeit ist eine Entwicklung eines Batterietesters in der 100A-Klasse.
Damit bin ich zwar noch lange kein Experte auf diesem Gebiet, zumindest eine solide Grundahnung unterstelle ich mir aber doch.

Abgesehen von den grundsätzlichen Dingen, die (ich glaube) Achim wunderbar zusammengefasst hat und die ich auch so unterschreiben würde, würde ich noch gerne mit einem Missverständnis zum Thema Tiefentladung aufräumen:

Was ist eine Tiefentladung?
Eine Tiefentladung ist dann gegeben, wenn die Zelle unter ihre Entladeschlussspannung entladen wird. Diese ist je nach Zellchemie eine andere und kann auch innerhalb einer Zellchemie von einem Zelltyp zum anderen abweichen.
Wenn euer Hersteller sein BMS bzw. seinen Bordcomputer richtig parametriert hat, entsprechen 0 % SoC genau der vom Batteriehersteller spezifizierten Entladeschlussspannung (oder ein bisschen drüber). Wenn ihr also bis 0 % fahrt, seid ihr nicht in der Tiefentladung!

Was passiert bei einer Tiefentladung und warum ist das schädlich?
Entlädt man eine Li-Ionen-Batterie unter die Entladeschlussspannung, beginnt das elektrochemische Potential der Anode (beim Entladen: Minuspol) rapide an zu steigen. Ab einem gewissen Potential beginnt dann die Kupfer-Ableiterfolie der Anode an, sich aufzulösen (was im normalen Betrieb nicht passieren kann). Die gelösten Kupferionen lagern sich an der Kathode ab, werden wieder zu Kupfer reduziert und wachsen als kleine "Stachel" durch den Separator durch und führen zu kleinen Kurzschlüssen in den Zellen.

Und ich möchte nochmal betonen, dass die weit verbreitete Angst vor einer Tiefentladung nicht gerechtfertigt ist, außer:
ihr fahrt den Akku komplett leer und lasst den Akku dann lange stehen. Dann zieht der Roller bzw. zumindest das BMS noch einen kleinen Ruhestrom, der durchaus zu einer Tiefentladung führen kann.

Alles andere, also am besten im Fenster zwischen 30% und 70% SoC bewegen, ist ein Alterungsthema, was bei der Zyklenfestigkeit der modernen Generationen von Li-Ionen-Akkus in unserem Anwendungsfall nahezu unbedeutend sein dürfte.

Gute Fahrt weiterhin und macht euch mit euren Akkus nicht verrückt ;)
achim hat geschrieben:
Do 7. Jun 2018, 13:37
Mach es doch bitte nicht komplizierter als es ist. Du lädst einfach den Akku voll bis die LED grün ist. Dann Ladegerät entfernen.
Wenn der Roller 10h weiter am Ladegerät hängt ist das auch egal. Ich lade abends und morgens wird das Ladegerät abgezogen bevor ich zur Arbeit fahre. Wenn dein Akku so um die 30% hat würde ich an das Aufladen denken. Wenn das einen Tag später erfolgt auch völlig egal.

Das einzige was du nicht machen solltest:
- Regelmäßig den Akku so leer fahren dass der Roller in den Schleichbetrieb wechselt.
- den leergefahrenen Akku längere Zeit so stehen lassen
- den vollgeladenen Akku wochenlang stehen lassen ohne zu fahren
- den Akku im Niu mehrere Wochen drin lassen ohne den Akkustand zu kontrollieren. Er entlädt sich im Roller ziemlich schnell.
- Bei Temperaturen unter 0 Grad den Akku laden.

Ansonsten einfach fahren, sich an dem Roller freuen und sich nicht um alles so viele Gedanken machen.

Gruß,
Achim
Danke für diese gute Zusammenfassung! Dann halte ich mich da einfach dran.
@esteban: Eine Frage habe ich noch zur Überladung. Ich habe mal gelernt, beim Handy muss ich mir keine Sorgen machen, denn der Akku kann nicht überladen, da das Laden abgeschaltet wird, sobald das Handy aufgeladen ist.

Ist das beim NIU Akku auch so? Weil in der Anleitung wird extra gesagt, man solle den Akku nicht überladen. Bzw. Auch. Ich länger Laden als x Stunden. Wie könnte ein Überladen passieren, wenn das BMS das doch nicht zulässt?
Praktisch hat die Frage den Hintergrund: Muss ich immer anwesend sein, wenn die Lampe am Ladegerät auf Grün schaltet und den Ladevorgang unterbrechen oder kann ich auch über Nacht laden lassen ohne die Gefahr einer Überladung zu haben?

Danke im Vorraus! Mit der Frage sind alle meine Akkufragen geklärt! :)

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