Jetzt muss ich doch nochmal ein bisschen ins Detail gehen.
1. bezüglich der messbaren Spannung: Wenn Frank von 26V beginnend bis 40V gemessen hat und dann erst ein normales Ladeverhalten einsetzte, dann waren das keine "Phantomspannungen". Einfach im Zugriff bei offenem hinterem Akkudeckel sind ja der Minusanschluss des Hochstromausgangs und der akkuseitige Anschluss des Hochstromrelais. Hier gibt es praktisch gar nichts in Richtung des eigentlichen Akkus außer dem Hochstrom-Messshunt auf der Minusseite (!), wo wir Spannungsabfälle von maximal Zehntelvolt bei Nennbelastung messen sollten, sonst nix. Daher sind für mich diese Messpunkte schon gültig für das gesamte Akkupack.
2. Das Hochstromrelais ist aber beim Laden überhaupt nicht in Betrieb, deswegen ist ein Messen am Hochstromausgang direkt gar nicht möglich. Klacken tut stattdessen ein anderes Relais, welches den Ausgang des Ladegerätes an das Akkupack anschaltet. (Defekte dieses Relais haben übrigens wohl schon Ladeausfälle verursacht.)
3. Eine Schädigung der Zellen passiert nicht garantiert bei Unterschreitung kritischer Spannungen. Ich habe selbst schon Zellen aus Notebookakkus von unter 1V "hochgekriegt" und die liefen hinterher als Pufferakkus für irgendwas ohne zu explodieren. Eine Unterschreitung führt also nicht zwangsläufig zu einem Defekt oder Explosion/Brand bei späterer Nutzung.
4. Was aber wenn? Die Schädigungen wirken sich m.W. zuerst auf den Isolationswiderstand der Zellen aus (zwischen den "Polen"), bei normaler Alterung steigt auch immer der serielle Innenwiderstand (so als würde man einen Widerstand in Reihe zu den Anschlüssen legen). Durch geringeren Isolationswiderstand verliert die Zelle schneller Energie - das fällt relativ schnell auf, wenn man die Zellspannungen der Stufen einzeln kontrollieren kann (Gerolds App). Wenn da im Stand eine Zellstufen zunehmend nach unten abdriftet, ist Achtung angesagt.
Bei fortschreitender Schädigung kann es zu Isolationsdurchbrüchen kommen, gerade beim Laden und entsprechender Erwärmung. Da hier aber nicht nur eine Zelle betroffen ist, sondern ihre 29 (?) Nachbarn in einer Stufe mitentladen werden, auch ohne das Zuführen externer Energie, kann es viel eher zu einem thermischen Runaway kommen und wenn erst eine Zelle brennt, ist kein Halten mehr. Eine von 420 Zellen reicht!
Realistischer ist aber immer zunächst ein höherer Innen-Serienwiderstand der Zellen, der gerade eine höhere Strombelastung von einzelnen geschädigten Zellen fernhält, beim Laden wie Entladen. Das verhindert zunächst also, dass da einzelne Zellen "kippen", was das Gesamtrisiko deutlich senkt - und wohl auch ein Grund dafür sein dürfte, dass wir hier noch nicht von durchgegangenen Packs gelesen haben.
Ein erhöhter Serienwiderstand führt auch indirekt zu einem Verlust an nutzbarer Kapazität, da bei hoher Belastung die kritische Unterspannung früher vom BMS diagnostiziert wird und eine Sicherheitsabschaltung greift. Kenne das als Klassiker von Handstaubsaugern etc.
5. Auf den ersten Blick unkritisch sieht der Ladestrom aus: Wir haben Spitzenströme von über 250 Ampere aus dem Akku im Boost-Modus eines S01+, da jucken die 10 Ampere aus dem Laderät erst mal nicht, da kommen im Idealfall nicht mal 0,4A pro Zelle an. [edit: Für vorgeschädigte oder tiefentladene Akkus ist das aber schon deutlich zuviel. Hier kam aber begünstigend hinzu, dass die Ladeversuche jeweils nur wenige Sekunden dauerten und der durchschnittliche Strom dadurch deutlich geringer war. Bei einer "Fremdanladung" wäre ich da zunächst auch mit deutlich weniger aus dem Labornetzteil drangegangen, 0,2A und dann schauen was passiert z.B. ]Wir haben bisher keine sicheren Angaben über die Struktur, aber am naheliegendsten sind
14s30p mit Samsung. Das macht im kritischen Fall, wenn ein Fehler vorliegt und wegen eines Spannungsgleichgewichts in einer Zellstufe bei einem Isolationsbruch die vollen 10A in eine Zelle gingen, aber schon etwas aus.
6. Die spektakulären Brandfälle beschränken sich nach meinen Erkenntnissen auf Durchgänge beim Laden infolge vorheriger Schädigungen. Ein eBike-Akku mit 500 Wh reicht aber schon dicke als Brandbeschleuniger für einen Vollbrand, dafür reicht sogar schon ein Werkzeugakku auf brennbarem Untergrund. Wenn ein Akku auch eine Stunde nach Ladeende nicht raucht, ist das immer ein gutes Zeichen.
7. Gründe für die Tiefentladung gäbe es viele. Ein am 12V angeschlossenes Astramodul schafft den Roller schon in ein paar Monaten, besonders wenn er nicht vollgeladen abgestellt wurde. Einen Roller mit 15% SoC fahrunfähig etwa wegen Unfall in die Ecke gestellt für ein halbes Jahr - fertig ist der Salat. Dann wäre da noch der häufige 12VUI-Defekt, der auch ohne angeschlossenen Roller sicherlich eine dauerhafte Zusatzbelastung darstellt. Und auch ein schlafendes BMS in der Komplexität gibt sich nicht mit einstelligen mA zufrieden.
8. Gaaanz wichtig für eine Beurteilung der Akkuqualität/schädigung wäre für mich während der folgenden Nutzung eine Beobachtung der nutzbaren Qualität als Reichweite beim Fahren als auch über Messung der aufgenommenen Energie bei Vollladung. In Franks Fall wäre gerade besonders wertvoll gewesen, wieviel Energie in den Akku geflossen ist, bis dieser sich als voll gemeldet.
Allem Risko zum Trotz: Der Hinweis, dass mehrfache Ladeversuche irgendwann doch zum Erfolg führen können, bleibt wertvoll für uns!